Was tun mit den Gefühlen?
Der Umgang mit Gefühlen ist für fast jede:n von uns eine Herausforderung – gerade wenn es um Themen geht, die uns sehr am Herzen liegen.
Für mich ist es spannend zu hören, was dann von Freunden, Bekannten und auch Coaches für Ratschläge gegeben werden: Von „Du musst Deine Gefühle von außen beobachten, so bleibst Du ruhig“ bis hin zu „Leb Deine Gefühle einfach voll aus, das holt Dich wieder runter“ ist alles mit dabei.
Sicher gut gemeint – doch wie immer werde ich bei solchen vermeintlich allgemeingültigen Aussagen hellhörig. Deswegen will ich diese zwei „extremen“ Ratschläge heute Mal aus Sicht des Nervensystems mit Dir anschauen.
Gefühle beobachten
Mit Beobachten meine ich hier, dass Du zum außenstehenden Betrachter Deiner selbst wirst. Du trittst quasi aus Dir selbst heraus und beobachtest relativ unbeteiligt Deine Gefühle und Reaktionen aus dem Kopf heraus.
Das führt tatsächlich häufig zu scheinbar mehr Ruhe (auch wenn es eine passive Ruhe ist): Du nimmst Emotionalität raus und steigerst Dich nicht mehr in Reaktionen hinein. Das kann im Moment eine gute Schutzreaktion sein.
Aber: Diese bewusste Abspaltung braucht Kraft und verbraucht Ressourcen. Denn so signalisierst Du Deinem Körper, dass Dir die Situation gerade zu viel ist. Dein Nervensystem lernt: Gefühle sind gefährlich! und reduziert nach und nach die Fähigkeit, intensive Emotionen wirklich wahrnehmen zu können. So verminderst Du langfristig Deine Stresskapazität.
Gefühle ausleben um jeden Preis
Häufig wird als einzige Alternative dann das Ausleben der Gefühle gesehen: Wenn ich wütend bin, schreie ich halt rum. Das ist zwar aus Sicht des Nervensystems besser, als die Gefühle zu unterdrücken oder abzuspalten – aber ausleben heißt häufig eben auch, dass Du die Kontrolle verlierst und andere darunter leiden.
Denn häufig geschieht ein volles Ausleben der Gefühle explosionsartig – als ob Du „außer Dir“ warst. Hinterher tut es Dir Leid, Du schämst Dich oder hast Schuldgefühle. Das wiederum erhöht Deinen Stresslevel und reduziert langfristig gesehen die Fähigkeit, Gefühle (aus)zuhalten.
Die goldene Mitte
Wenn reines Beobachten und 100%-iges Ausleben nun also den Stress erhöhen – wie kannst Du dann Nervensystem-freundlich mit Gefühlen umgehen?
Der Weg führt (wie so oft) über den Körper, denn ein Gefühl manifestiert sich immer auch als körperliche Empfindung. Es zeigt sich zum Beispiel als erhöhter Herzschlag, schwitzige Hände, ein Knoten im Bauch oder ein verspannter Rücken.
Du kannst Dir diese körperliche Reaktion vorstellen wie eine Welle: Das Gefühl kommt, erlebt einen Höhepunkt und flacht langsam wieder ab. Dieser Zyklus dauert im Regelfall 90 Sekunden bis 3 Minuten.
Statt diese Welle nun unbeteiligt von außen zu beobachten oder Dich von ihr mitreißen zu lassen: Surfe sie! Spür die Welle als einen Teil von Dir. Registriere all die Empfindungen, die die Emotion in Deinem Körper auslöst. Nimm wahr, wie die Welle sich aufbaut, was sie auslöst – und wie sie eben auch wieder abebbt.
Durch dieses Spüren und Erlauben der Empfindungen hältst Du die ganze Zeit die Verbindung zu Dir selbst. Gleichzeitig lässt Du Dich nicht überrollen von den Gefühlen. So bleibst Du bei Dir und kannst weiterhin bewusst handeln.
Spüren & Erlauben im Alltag
Du willst es ausprobieren? Dann starte mit „leichten“ Emotionen – denn Deine bisherigen Bewältigungs-Muster zu überschreiben braucht Zeit. Sie hatten ja ihren Zweck!
Nehmen wir als Beispiel an, Du bist wütend. Die Wut spürst Du als Knoten im Bauch. Wie genau fühlt sich dieser Knoten an? Hat er eine Farbe? Eine bestimmte Form? Eine Temperatur? Bewegt er sich? Verändert er sich? Was passiert mit ihm, wenn Du ihn beobachtest und ihm Raum gibst, zu sein?
All dies sind neugierige und offene Fragen, mit denen Du ins Spüren & Erlauben gehen kannst. Ganz wichtig: Ohne Ziel! Es geht nicht darum, den Knoten „loszuwerden“. Er geht schon von alleine wieder – im Regelfall nach maximal 3 Minuten.
PS: Wichtig: Beobachten und Ausleben sind nicht per se „schlecht“ – sie sind natürliche Schutzreaktionen Deines Nervensystems. Wenn eine Belastung zu groß ist, helfen Dir diese Reaktionsmuster bei der Bewältigung. Es geht also nicht darum, sie komplett aus Deinem Leben zu verbannen – vielmehr stärkst Du über Spüren & Erlauben Deine Stresskapazität und brauchst diese Muster nicht mehr so oft.
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