Die Geschichte vom entlaufenen Hund
„Katharina, der Hund ist weg!“
Dieser Anruf hat an einem Juli-Abend des Jahres 2023 um 21:58 Uhr meine Welt für ein paar Stunden auf den Kopf gestellt. Um gleich das Ende vorweg zu nehmen: Es ist alles gut ausgegangen. Und ich habe dabei mal wieder einiges über mich und mein Nervensystem gelernt!
Was war passiert?
Ich war Donnerstag und Freitag beruflich unterwegs, meine Hündin Laya während der Zeit (wie schon einige Male) zu Besuch bei meinem Vater. Er hatte sich Donnerstag den ganzen Tag schon um seinen „Enkelhund“ gekümmert und wollte sie abends ein letztes Mal vor die Tür lassen – da passierte es.
Die Nachbarskatze (zugegeben ein großer, buschiger Tiger) taucht plötzlich aus dem Dunkel auf. Laya erschrickt, springt rückwärts, zieht sich die Leine ab – und rennt weg. Nicht nur ein paar Schritte, sondern die Straße hoch und ab aufs Feld.
Mein Vater versuchte noch vergeblich, hinter ihr her zu laufen und sie wieder einzufangen. Doch sie war weg – und kam auch erst einmal nicht wieder.
Wie habe ich diese Zeit erlebt?
Als der besagte Anruf kam, lag ich bereits im Bett. Ich habe die Nachricht erstaunlich gefasst aufgenommen, habe mich sofort ins Auto gesetzt und war um 2 Uhr nachts bei meinem Vater. Nach kurzer Suchaktion haben wir Laya im Garten gefunden, wo sie sich in einer dunklen Ecke verkrochen hatte.
In diesen 4 Stunden hat mein Nervensystem Höchstleistung gebracht. Ich war äußerlich ruhig, konnte Entscheidungen treffen und Schritt für Schritt mit der Situation umgehen. Dabei war ich ultra-fokussiert und kein bisschen müde – trotz anstrengendem Tag und fast vierstündiger Autofahrt mitten in der Nacht.
Gleichzeitig habe ich die extreme Anspannung gespürt (meine Zähne haben fast die gesamte Zeit geklappert), meine Gedanken wollten immer wieder in Horror-Szenarien abtauchen und ich bin emotional Achterbahn gefahren. Um mich davon nicht überwältigen zu lassen, habe ich mich während der Autofahrt mit kleinen Regulations-Übungen abgelenkt (hat super funktioniert!).
Als Laya dann endlich wieder im Körbchen lag, habe ich erstmal tief durchgeatmet. Um die körperliche und auch die mentale Anspannung loszulassen, habe ich im Bett noch ein paar sanfte Yoga-Bewegungen und Atemübungen gemacht. So konnte ich mich und mein Nervensystem nach und nach wieder beruhigen und schließlich einschlafen.
Was habe ich gelernt?
Allen Beteiligten geht es heute (wieder) gut. Diese 4 Stunden waren schlimm für uns alle – und doch konnte ich einiges daraus mitnehmen:
- Auf die individuelle Perspektive kommt es an.
Für andere ist ein entlaufener Hund vielleicht nicht so schlimm – für mich war es furchtbar. Diese Würdigung meiner Gefühle und Gedanken ist wichtig (kein Kleinreden oder Wegschieben!). - Meine Arbeit mit dem Nervensystem zahlt sich aus.
Ich konnte klar denken, Entscheidungen treffen und bewusst handeln. Mein Nervensystem ist im Grundzustand reguliert genug, um solche Ausnahmesituationen (aus)halten zu können. - Die Tools und Werkzeuge aus der Körperarbeit wirken.
Egal ob der Fokus auf die Atmung, das Hineinspüren in den Körper oder die sanfte Bewegung: Das habe ich über die Jahre so integriert, dass es auch in der Stresssituation abrufbar war – und geholfen hat! - Unterstützung von anderen hilft.
Meine Eltern und ich haben uns in der Situation gegenseitig aufgebaut, der Nachbar hat mitgesucht: Allein das Wissen, dass ich nicht alleine dastand, hat unglaublich gut getan. - Der Umgang mit der „Zeit danach“ ist wichtig.
Ich konnte mein Nervensystem aktiv dabei unterstützen, die Situation zu verarbeiten und die Anspannung wieder loszulassen. Das hat mir geholfen, schneller wieder im regulierten Zustand anzukommen.
Diese Situation hat mir wieder gezeigt: Die kontinuierliche Arbeit mit dem Nervensystem lohnt sich. Über die letzten Jahre habe ich meine Resilienz und meine eigenen Ressourcen aufgebaut, so dass ich heute gestärkt mit solchen Situationen umgehen kann.
Kleine Randnotiz: Laya war unglaublich aufgeregt, als wir sie endlich gefunden hatten. Als wir dann (nach viel Freuen und Streicheln) wieder im Haus waren, hat sie sich ausführlich geschüttelt (so lassen Tiere Anspannung los) und sich dann mit einem tiefen Seufzer ins Körbchen fallen lassen. Ihre Art der Stressbewältigung!