Selbstreflexion leicht gemacht

Nimmst Du Dir regelmäßig Zeit, über Dich selbst nachzudenken? Reflexion ist ein kraftvolles Werkzeug, um Deine Gedanken und Gefühle immer besser wahrzunehmen, zu verstehen und bewusst zu steuern.

Reflexion ist eine Investition in Deine Zukunft

Das Wort Reflexion kommt aus dem Lateinischen reflexio, was so viel bedeutet wie widerspiegeln oder zurückwerfen. Grundsätzlich beschreibt Selbstreflexion die bewusste Teilnahme an den eigenen Erfahrungen: Durch Beobachten, Hinterfragen und Analysieren lernst Du Dich selbst kennen – Deine Motivationen, Handlungsmuster und Prägungen. Mit diesem wachsenden Verständnis kannst Du Situationen immer bewusster gestalten (statt impulsiv zu reagieren), lernst aus Fehlern und triffst aktiv Entscheidungen, wer Du sein und wie Du Dich verhalten möchtest.

Dabei ist die Reflexion ein andauernder Prozess des Lernens über das ganze Leben hinweg.  Das Ergebnis dieses Prozesses ist immer tieferes Verständnis für Dich selbst. Nur durch Reflexion kannst Du Deine Gedanken und Emotionen immer besser wahrnehmen und bewusst steuern. Dies resultiert in immer mehr Selbst-Akzeptanz – ein wichtiger Schlüssel zu Glück und Balance im Alltag.

Svadhyaya

Auch in der yogischen Tradition spielt Selbstreflexion eine große Rolle. Dort wird sie Svadhyaya genannt: Sva bedeutet selbst, zu mir gehörig und adhyaya Erforschung oder Untersuchung. Svadhyaya steht also für Selbsterforschung auf dem Weg der Bewusstwerdung, und zwar durch die Beobachtung und kritische Hinterfragung des eigenen Denkens, Fühlens und Handelns. Dieses Studium des eigenen Selbst soll uns immer näher zu unserer wahren Natur bringen.

Arten der Selbstreflexion

Für die Reflexion gibt es kein bestimmtes Format, dem Du folgen musst. Du kannst aus einer Vielzahl von Methoden diejenige wählen, die für Dich passt. Grundsätzlich lassen sich die gedankliche, mündliche und die schriftliche Reflexion unterscheiden:

  • In Gedanken: Diese Art der Reflexion geschieht häufig auch unbewusst als ganz normaler Bestandteil des Alltags, denn unser Gehirn ist dauernd aktiv. Für die bewusste Reflexion denkst Du aktiv über eine bestimmte Frage nach. Das Schöne an dieser Methode ist, dass sie überall praktiziert werden kann – selbst beim Warten in der Supermarktschlange. Andererseits bleibt es bei Gedanken – und die sind häufig wieder vergessen. Ich empfehle Dir daher eine der nächsten beiden Methoden.
  • Gesprochen: Du kannst ein (lautes) Selbstgespräch mit Dir führen, Dich selbst aufnehmen und Dir Deine Gedanken dann anhören oder auch einen Außenstehenden bitten, Dir einfach nur zuzuhören (ohne eine Bewertung oder einen Ratschlag zu geben). So kannst Du Deine Gedanken auf eine bestimmte Frage hin sortieren. Es ist ein großer Schritt vom Gedanken hin zum Aussprechen – der Klang manifestiert die Gedanken und lässt sie so nochmals realer werden.
  • Schriftform: Du kannst Dich auch schriftlich mit einer Frage zu Dir selbst auseinandersetzen (dazu gebe ich Dir in diesem Buch auch Raum). Dies kannst Du auf zahlreiche Arten tun: Setz Dir z.B. einen bestimmten zeitlichen Rahmen und schreibe dann, ohne den Stift abzusetzen, führe ein tägliches Journal, z.B. als Teil Deiner Morgenroutine, schreibe Geschichten über Dich selbst auf oder arbeite mit Metaphern und Vergleichen. Auch hier macht der Schritt vom Gedanken im Kopf zur Zeile auf dem Papier den Unterschied.

3 Tipps für die Selbstreflexion

  1. Nimm Dir Zeit. Es muss gar nicht viel Zeit sein, doch nimm Dir bewusst ein paar Minuten, in denen Du Dich ohne Ablenkung nur auf Deine Frage konzentrierst. Sie es als kleine Auszeit vom Alltag, die Du Dir selbst gönnst, um Dich noch besser kennen zu lernen.
  2. Sei ehrlich. Bei der Reflexion kommen Dinge ans Licht, die nicht immer angenehm sind. Rede sie vor Dir selbst nicht schön – das ist die Gelegenheit, ganz ehrlich mit Dir selbst zu sein und eine bestimmte Frage offen und von allen Seiten zu beleuchten.
  3. Sei gnädig. Mach Dich nicht selbst fertig oder verurteile Dich und Deine Handlungen. Sieh die Reflexion als Gelegenheit, Dich und Dein Denken, Fühlen und Handeln besser zu verstehen – um dann gegebenenfalls aktiv etwas ändern zu können.

Eine einfache Technik zum Einsteigen: Die Handformel

Es gibt zahlreiche Arten der Selbstreflexion. Ich will Dir heute eine ganz einfache Technik vorstellen: die „Handformel“ des Zeitmanagement-Experten Lothar Seiwert. Sie ist darauf ausgerichtet, am Ende einer Woche ganzheitlich Bilanz zu ziehen. Mit der Handformel ziehst Du einen Schlussstrich unter die Woche und bekommst den Kopf frei. Gleichzeitig wird Dir bewusst, was Du alles erreicht hast, was Dir Zufriedenheit schenkt und welche Erfolge Du feiern darfst. Außerdem merkst Du schnell, wenn ein Bereich in Deinem Leben aus der Balance fällt, und kannst gezielt eingreifen.

Du kannst die Übung wortwörtlich an den Fingern abzählen, denn jeder Finger an Deiner Hand steht für eine bestimmte Reflexionsfrage:

  • Daumen = Denkergebnisse: Was habe ich in dieser Woche gelernt?
    Mach Dir bewusst, welche kleinen Fortschritte Du gemacht hast, z.B. aus welchen Fehlern Du gelernt hast oder welche Ideen Dir gekommen sind.
  • Zeigefinger = Zielerreichung: Wo bin meinen Zielen nähergekommen?
    Überlege Dir, auf welche Deiner Ziele Du Dich diese Woche konzentriert hast. Das ist eine gute Möglichkeit, Deine Prioritäten zu überprüfen und/oder Dir für die nächste Woche konkrete Ziele zu setzen.
  • Mittelfinger = Mentalität: Wie habe ich mich diese Woche gefühlt?
    Hier gehen wir auf die emotionale Ebene – welche Gefühle sind diese Woche aufgetreten? Es geht um eine realistische Wahrnehmung, eine Art Bilanz Deiner Gefühlswelt. Denn wie Du Dich fühlst hat großen Einfluss auf das, was Du erreichen kannst.
  • Ringfinger = Ratgeber: Wie habe ich diese Woche anderen geholfen?
    Reflektiere, wann Du in dieser Woche für andere da warst, wen Du unterstützt hast. Selbstlose Taten geben Dir ein gutes Gefühl und bescheren Dir positives Karma – so sagt es schon die Yoga-Philosophie.
  • Kleiner Finger = Körper: Was habe ich für meinen Körper getan?
    Mit dieser Frage gehen wir auf die körperliche Ebene. Wie schon beschrieben ist der Körper ein zentraler Baustein Deiner Balance im Alltag. Wie hast Du Dich um Deinen Körper gekümmert? Gab es Impulse (z.B. in Form von Schmerzen), denen Du noch nachgehen darfst?

Nimm Dir für diese Übung ein paar Minuten Zeit, such Dir einen ruhigen Ort und wähle Deine Methode der Reflexion (mündlich oder schriftlich). Lass dann die letzte Woche in Deinen Gedanken Revue passieren und geh nach und nach die einzelnen Finger mit den entsprechenden Fragen durch. Nimm Dir danach noch einen Moment Zeit, „von oben“ auf diese Übung zu schauen: Wie geht es Dir jetzt? Wie fühlst Du Dich im Vergleich zu vorher? Was nimmst Du mit? Viel Spaß bei diesem Prozess des Selbst-Kennenlernens!